Mark Fridvalszki feat. Sam Conran
Material Study (Sonic)
Opening: 07.12.2017 | 6 - 10 PM
08.12.-24.02.2018
Opening hours after appointment
“Die Gesamtheit der Längen und Weiten konstituiert die Natur, den Immanenz- und Konsistenzplan, der ständig veränderbar ist und von den Individuen und Kollektiven unaufhörlich umgearbeitet, wiederzusammengesetzt wird.” Gilles Deleuze, Der kleine Hans sortiert die Pferde
Die Installation ,,Material Study (Sonic)'' von Mark Fridvalszki (*1981, Budapest) tastet unterschiedliche Zustandsebenen im evolutionären Prozess materieller Konstitution ab und fordert dabei deren scheinbar objektiven Gültigkeitsansprüche heraus.
Der Ausgangspunkt ist ein mit Bildbearbeitungsprogrammen generiertes Rasternetz, welches zunächst auf DIN-A4-Bögen ausgedruckt und danach manuell kopiert wurde. Während diesem Akt des Kopierens wurde das A4 Papier auf der Glasfläche des Kopierers gedreht, so dass im Rasternetz durch die Bewegung Unregelmäßigkeiten entstanden die einem Moiré-Effekt ähneln. Als wellenartige Elemente bilden sie den manuellen Eingriff als abstrahierte Figurationen im aufgebrochenen Regel-System ab. Das einst neutrale, maschinelle, errechnete und schematische Bild ist nun um intuitive Interferenzen jenseits dieser Regelhaftigkeit ergänzt.
Das Bild changiert damit spannungsvoll zwischen der Repräsentation von 'körperlos'-digitaler und haptisch-,rustikaler' Materialität, sein Bildcharakter ist in dem Sinne ambivalent. In dieser Verschränkung erkennt der Künstler Fridvalszki eine Parallele zu dem in der Informationstechnologie als Entropie bekannte Phänomen, das als das Maß der unordentlichen Verteilung von Körper im Raum definiert ist.
In der für den super+CENTERCOURT entwickelte Tapetenarbeit überträgt Mark Fridvalszki diesen zugrundeliegenden Prozess der relativen Um- bzw. Unordnung von einem zum anderen System ortsspezifisch auf eine raumgreifende Installation.
Zusätzlich analysierte der Londoner Soundkünstler Sam Conran (*1989, UK) die Wellenlinien und Pixel des Bildes und übersetzte sie, algorithmischen Kurven und proportionaler Übersetzung folgend, – also wieder über einen scheinbar regelhaften, mathematischen, objektiven und neutral-richtigen Prozess mithilfe des Computers – in eine mit Fridvalszkis Bild resonierende Komposition. Über diese akustische Materialität ist dabei für den Betrachter eine weitere Ebene der Dekonstruktion und Konstruktion des Bildes aber auch des Raumes zu erfahren in dem (nicht nur künstlerische) Subjektivität und Objektivität in ein offenes Konkurrenzverhältnis zueinander treten.
In der Verschränkung von Mathematisch-Technoidem mit intuitiven Gesten potenzieren sich die verschiedenartigen Informationsquellen in ein sich gegenüber Klassifikationen sperrendes Hybrid. Durch den Einsatz visueller und auditiver Ausdrucksmedien zugleich, ist einerseits der Betrachter in doppelter Weise angesprochenen andererseits werden die Koordinaten des Raumes in zweifacher Hinsicht abgetastet.
Viktoria Wilhelmine Tiedeke
Künstlerresidenz Ebenböckhaus