JÉRÔME CHAZEIX
FETISH ROOM
THE POST INDUSTRIAL GRID
03. September verlängert bis 15 Oktober 2016
Mit der Besetzung des super+CENTERCOURT durch das Label „ZEIX“, das der deutsch-französischeKünstler Jérôme Chazeix über die letzten fünfzehn Jahre aufgebaut hat, wird der Projektraum vom 09. September bis zum 15. Oktober zu einem Hybrid der Unterhaltungsindustrie. Die Installation, die ein Video, Musik und bedruckte Seidentücher synergetisch kombiniert, lehnt sich damit an jene Orte an, die ihre Verhaftung in künstlichen Parallelstrukturen suchen und die damitselbst einen Spiegel auf die Gesellschaft darstellen.
Interessiert an Identitätsbildungsprozessen durch Aneignung, parodiert Jérôme Chazeix – unter dem Pseudonym seiner Marke – dabei das Konzept von Authentizität. In dem sich ihm dadurch eröffneten Handlungsraum, vermag er zugleich jenseits und dennoch aufs engste mit dem System verknüpft ästhetische und gesellschaftliche Phänomene der Pop Kultur zu einem komplexen Netz zu verweben. Die von ihm erschaffene Satire, tritt unserer Erfahrungswelt als kritisches Spiegelbild entgegen und fordert den Besucher dazu heraus, sich zu seinem Entwurf von komplexen Verschachtelungen aus (Raum-) Illusionen zu positionieren.
Die sechs „P.I.G. (Post Insdustrial Grid)"-Tücher sind dabei eine Anlehnung an die von Hérmes kultivierten Statussymbole und stellen eine Auswahl aus einer insgesamt 18-teiligen Serie dar. Anders als die dekorative Referenz aus der High Fashion, auf denen in meist prismatisch ansprechender Gestaltung mit der Klientel konforme Motive den erkauften Status visualisieren, finden sich auf den ZEIXschen Tüchern eine breite, scheinbar willkürliche Auswahl von Bildern, nivellierend neben und übereinander collagiert. Jérôme Chazeix überträgt so Alain Turaines Konzept der postindustriellen Gesellschaft auf den Umgang mit Bildern, die in kontinuierlicher Flut ungefiltert auf uns einstürzen. Er kombiniert dabei gleichrangig kunsthistorische Motive mit Bildern von Architektur, Natur sowie der Alltagswelt und eigenen Snapshots. Die ursprünglich wertende, hierarchische Staffelung wird dabei zu einem zweidimensionalen „grid“ verflacht. Die im Bilderverständnis traditionell angelegte Hierarchisierung von Bildtopoi wird von ihrem kausalen Fundament gehoben. Potenziell sind alle Bilder gleich. Das Ergebnis mutet scheinbar einer Google-Bildersuche an, deren Repräsentativitätskraft Jérôme Chazeix kritisch hinterfragt. Können solche Ergebnisse als legitimierter Spiegel der Gesellschaft gelesen werden? Ist ZEIX, oder mindestens die P.I.G.s, – damit Mode für alle, da es alle und alles repräsentiert?
Auf diese Weise dechiffriert und parodiert ZEIX schließlich die Prozesse der Identifizierung und Fetischisierung die hinter dem Konsum stecken. Darüber hinaus fragt er durch die konkrete Gestaltung der Tücher nach der daraus resultierenden Konsequenz, uns Inhalte anzuziehen.
Insbesondere dieser aneignende Prozess im Akt der „Bekleidung“ – als zur Schau getragener Fetisch – findet im Video „ A Toast to a Ghoast“ einen extatischen Höhepunkt. Prismatisch in der Mitte des Bildes gespiegelt, erscheint der uns dargebotene Tüchertanz, bzw. sein Protagonist, zugleich zur Skulptur objektualisiert, damit stigmatisch ästhetisiert und durch die Handlung rituell besetzt. Erst durch diese exzentrische Inszenierung zeigt sich im prismatischen Zentrum des Tüchertänzers emblematisch das Kernthema der ZEIXschen Marke: In der Spiegelung entstehen durch die Bewegungen des Tänzers phallische Formen und rufen damit abermals das Konzept Fetisch auf.
Viktoria Wilhelmine Tiedeke
© Alexa von Arnim